Was tun im Notfall?

Fragen an den  Kindernotarzt

 

Redaktion: Herr Dr. Böhn, seit über 20 Jahren sind Sie als Notarzt im Einsatz. Zu welchen Notfallbildern werden Sie am häufigsten gerufen?

 

Kindernotarzt: „Ein Großteil meiner Einsätze bei Kindern führt mich zu Fieberkrämpfen. Aber auch Stürze aus dem Hochbett, Verbrühungen, Haushaltsunfälle, Vergiftungen und Allergische Reaktionen gehören zu den Notfallbildern. Sportunfälle stellen bei den Einsatzmeldungen auch keine Seltenheit dar.

Benötigt ein Erwachsener meine Hilfe, z.B. bei einem Herzinfarkt oder einem Atem- stillstand, werde ich ebenfalls alarmiert, denn jede Sekunde zählt."

Redaktion: Können Eltern selbst den Kindernotarzt anrufen?

 

Kindernotarzt: „Der Kindernotarzt wird über die Notrufnummer 112 gerufen. Die Rettungsleitstelle Ludwigshafen entscheidet dann anhand des Notfallbildes, ob ich hinzugezogen werde. Ganz wichtig ist, dass der Anrufer alle Fragen beantwortet und nicht zu vorzeitig auflegt. Es ist schon vorgekommen, dass vor lauter Aufregung vergessen wurde, die Adresse mitzuteilen.“

 

Redaktion: Nun passiert der Fall der Fälle – ein Kind gerät in eine Notsituation. Was raten Sie?  

 

Kindernotarzt: „Zögern Sie nicht, den Kinder-Notarzt zu alarmieren und leisten Sie Erste Hilfe!“

 

Redaktion: Was sollte getan werden?

Kindernotarzt: „Ist das Kind bewusstlos, überprüfen Sie die Atmung und den Puls. Ist kein Puls tastbar, beginnen Sie unbedingt mit der Wiederbelebung. Drücken Sie den Brustkorb in der Mitte 1/3 tief mit einer Frequenz von 100-120 Mal/Minute. Nach 30 Herzdruckmassagen beatmen Sie den Patienten mit 2 Beatmungen durch die Nase.

 

 

Atmet das Kind, legen Sie es in die Stabile Seitenlage und überwachen Sie es ständig bis zum Eintreffen des Rettungsdienstpersonals.“

 

Redaktion: Ein Fieberkrampf ist für viele Eltern ein traumatisches Ereignis. Welche Tipps haben Sie?

 

Kindernotarzt: „Versuchen Sie, Ruhe zu bewahren, auch wenn das Kind röcheln sollte! Langen Sie bitte nicht in den Mund des Patienten und überschütten Sie es auch nicht mit Wasser! In den meisten Fällen löst sich der Krampf nach wenigen Minuten wieder. Hält der Krampf allerdings an, drohen  Hirnschädigungen. Ein Notruf ist daher unerlässlich.“

 

Redaktion: Wie hilft man bei einer heftigen Blutung?

 

Kindernotarzt: „Sie sollten versuchen, diese sofort zu stillen, am besten mit einem Druckverband. Im Notfall hilft auch ein Kleidungsstück. Bitte suchen Sie nicht erst mühsam nach Verbandmaterial.

Besser unsteril überlebt als steril gestorben.“

 

Redaktion: Wie kann man bei einer akuten Atemnot helfen?

 

Kindernotarzt: „Ist die Atemnot durch eine Allergie ausgelöst, entfernen Sie das Kind als erstes vom Allergen, z.B. bringen Sie es von der Sommerwiese in einen geschlossenen Raum oder entfernen Sie den Stachel bei einem Insektenstich.

 

Der Patient oder die Patientin sollte möglichst mit aufrechtem Oberkörper versuchen, ruhig zu atmen.

 

 

Fordern Sie es auf, die Luft durch die Nase einzuatmen und durch den gespitzten, nur leicht geöffneten Mund langsam und kontrolliert (gegen die gespitzten Lippen) wieder auszuatmen.

 

 

Auch hier ist eine Notarzt-Präsenz unerlässlich.“

 

 

Redaktion: Kann ein Kind mit einem Knochenbruch auch im Privatauto zum Arzt gebracht werden?

 

Kindernotarzt: „Ich empfehle Ihnen, die Immobilisation und den Transport den Fachleuten zu überlassen. Bleiben Sie vielmehr neben dem Kind sitzen, trösten Sie es und vermeiden Sie, dass die Frakturstelle unnötig bewegt wird.“

Redaktion: Wann wird eine Verbrennung zu einem Fall für den Kindernotarzt?

Kindernotarzt: „Wenn sie sich im Gesicht befindet oder wenn die verbrannte Haut größer als die Handfläche des Kindes umfasst.

 

Kühlen Sie die verbrannte Fläche mit Leitungswasser und geben Sie ein Paracetamol-Zäpfchen gegen die Schmerzen. Bitte auf keinen Fall Puder auf die verbrannte Haut geben!“

 

Redaktion: Sie stehen der Rettungsleitstelle nahezu rund um die Uhr für Notfälle zur Verfügung, auch im laufenden Tagesgeschäft Ihrer Kinderarztpraxis in Schifferstadt. Kommen Sie da nicht auch an persönliche Grenzen?

 

Kindernotarzt: „Natürlich gibt es Tage, da bin ich geschafft, insbesondere dann, wenn die Einsätze nach Mitternacht oder mehrmals hintereinander erfolgen. Aber daran gewöhnt man sich und ich denke nicht mehr darüber nach. Der Großteil meiner Patienten zeigt Verständnis, wenn ich durch einen Einsatz die Behandlung unterbrechen muss oder sich Wartezeiten verlängern.  Mein Eigenunfallrisiko ist bei einer Signalfahrt um das Achtfache höher als wenn ich ohne Blaulicht fahre. Diese Gefahr fährt bei jedem Einsatz mit, hält mich aber auch wach.“

 

Redaktion: Haben Sie bei Ihren eigenen Kindern einmal eine Notsituation durchleben müssen?

 

Kindernotarzt: „Gott sei Dank ist mir das bis heute erspart geblieben!“

 

Redaktion: Doktor Böhn, warum so viel ehrenamtliches, zusätzliches Engagement?

 

Kindernotarzt (lacht): „Ich bin wohl verrückt genug, um das zu machen und auch qualifiziert dafür…

 

(wieder ernst) Auf Grund der geringeren Einsatzquote bei Kindernotfällen fehlt es auch erfahrenen Rettungskräften an der notwendigen Routine. Kinder haben schon anatomisch gesehen andere Voraussetzungen, die Medikamentengabe ist spezieller, notfallmedizinische Maßnahmen wie z.B. eine Intubation erfordert Erfahrung und spezialisierte Fachkenntnisse.

 

Und um die Versorgung schon am Einsatzort maximal zu gewähren sowie Eltern als auch Einsatzkräften eine emotionale Unterstützung zu bieten – dies bewegt mich, jederzeit in Bereitschaft für Kindernotfälle zu sein.

 

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